ICE 2 ICE Live Blog
Unser neuer Plan scheint aufzugehen. Die erste Tagesetappe starteten wir um 6:30 Uhr mit, zumindest erträglichen, Windbedingungen. Drei Stunden später nahm die Windstärke wieder Ausmaße an, die wohl fast jeden Radfahrer zum Pausieren bewegen würden. Bis 15 Uhr kämpfe ich mich vorwärts. Es ist verdammt nervtötend immer wieder Pausen wegen des Gegenwindes zu machen, aber weiterzufahren hat zu dieser Tageszeit einfach keinen Sinn.
Heute hatten wir dafür auch eine besondere Begegnung mit anderen Reisenden. Die Expeditionsgruppe, die in drei Autos von Cartagena bis Ushuaia unterwegs ist, fiel uns schon in Kolumbien und Ecuador auf. Jetzt, beim dritten Zusammentreffen auf der Straße, blieb endlich einmal Zeit für ein kurzes Gespräch. Die kleine Touristengruppe wird von einem Guide geleitet, der schon Expeditionen um die ganze Welt zu seinen Erfahrungen zählen darf und eigentlich aus Tansania stammt. Durch mein Weltrekordprojekt in Afrika hatten wir da natürlich einiges an Gesprächsstoff. Außerdem ist es mehr als erfreulich in dieser kargen Landschaft zwischendurch auch auf Menschen zu treffen. 58 Tage hat sich der Konvoi von Kolumbien bis Argentinien vorgenommen. Wenn alles gut geht, treffen wir uns also wieder in Patagonien. Währenddessen machten Viki und Viola, die im großen Camper unterwegs waren, zufälligerweise auch Bekanntschaft mit Südamerikareisenden, die den Kontinent durchqueren. Ihr Fortbewegungsmittel ist das Motorrad. Das Ziel ist jedoch immer dasselbe: Ushuaia.
Landschaftlich gibt es zurzeit genauso wenig Änderung wie bei der Windrichtung. Die kargen Dünen sind zwar schön für den Betrachter, machen meiner Kette aber ziemlich zu schaffen. Der Sand bleibt wunderbar auf der Kette hängen und macht sie so schnell kaputt. Als Verschleißteil muss ich sie zwar sowieso alle paar 1000 km wechseln, derzeit sehnt sich mein Rad aber wirklich nach einem Kettentausch.
Mit den letzten Strahlen des Tageslichts trat ich die Nachtetappe bis Mitternacht an. Es geht langsam voran – 231 km habe ich heute geschafft. Auch die Höhenmeter sind beträchtlich. Die flachen aber langen Anstiege und Abfahrten ergeben für heute 2000 Höhenmeter mehr in den Beinen. Vor allem das Fahren in der Dunkelheit zehrt zur Zeit an meiner Konzentration. „Ride the line“ könnte das Motto dieser Stunden heißen. Das ewige Entlangfahren der weißen Begrenzungslinie ist ziemlich zermürbend.
Kerstin begleitete mich heute im Camper und gab mir Rückendeckung, falls ein Truck wieder viel zu schnell und knapp überholen wollte. Heute steht eine kurze Nacht bevor. Mal schauen, was der Gegenwind morgen zu bieten hat.